Zementfasern

Zementfasern

Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki

Quartbuch. 22.8.2012
288 Seiten. Gebunden mit Schutzumschlag
Buch 19,90 € / E-Book 14,99 €
ISBN 978-3-8031-3244-4
vergriffen
als ePub kaufen (14,99 €)

Ein Dorf im tiefen Süden Italiens, in dem nach und nach nur noch Frauen und Kinder leben. Die Männer mussten weggehen. Bleiben werden Mimi und ihre Tochter Arianna, die beim nächsten Patronatsfest trotzdem nicht allein sind.

Domenica Orlando, genannt Mimi, ist vierzehn, als sie ihr Dorf im süditalienischen Apulien verlassen muss, um mit den Eltern in die Schweiz zu gehen. Ihr Vater hat dort Arbeit in einer Fabrik gefunden: das Versprechen auf Reichtum für Tausende von Emigranten in den 1970er Jahren. Mimi erlebt im Norden ihre erste Liebe, zum 18- jährigen Ippazio, doch in der kargen Unterkunft, die sie mit vielen Landsleuten teilen müssen, bleiben den beiden nur kleine, verstohlene Streichholz-Momente des Glücks.
Jahre später, die Familie lebt längst wieder in Apulien, ist aus Mimi eine selbstbewusste Frau geworden, die immer noch jung ist, ihre halbwüchsige Tochter allein erzieht und in einer Krawattenfabrik arbeitet. Mit verblüffender innerer Freiheit und Konsequenz lebt sie ihr – nicht nur für süditalienische Gewohnheiten – unangepasstes Leben. Ihre eigentliche Stärke aber muss sie beweisen, als nach und nach die Männer krank werden und an den Spätfolgen ihrer Arbeit in der Asbestfabrik sterben. So kommt es, dass Mimi in einem Dorf der Frauen lebt. Doch erst die nächste Generation, ihre Tochter Arianna, wird nachfragen und die Frauen ermutigen, die Schuldigen zu suchen. Mario Desiati kommt selbst aus Apulien, er kennt sie, die verstummten Männer; er gibt ihnen die Stimme zurück, die ihnen genommen wurde.

Mario Desiati

© Marika Desiati

Mario Desiati

Mario Desiati, geboren 1977 in Locorotondo (Apulien), lebt in Rom, Berlin und seinem Heimatort Martina Franca, wo auch »Spatriati« spielt. Er war Verlagslektor und hat Gedichte, Erzählungen und mehrere Romane veröffentlicht. Für »Spatriati« erhielt er 2022 den renommiertesten Literaturpreis Italiens, den Premio Strega.

»Desiati hat die Gabe, Schönheit einzufangen und das Leben wie ein Fest zu feiern. Auch wider die Umstände.« Norddeutscher Rundfunk Kultur

Pressestimmen

»Mario Desiati schreibt in seinem Debütroman zärtlich, poetisch und mit beeindruckender Würde über Menschen, die es nicht leicht haben im Leben. Er setzt denen ein Denkmal, um deren Andenken sich sonst niemand scheren würde, aber er erzählt auch von der Wiederkehr des Ewiggleichen, von Liebe und Verrat, von Kindern, die nicht geboren werden sollten und doch da sind, von Vätern, die verschwinden, von Scham und Reue. Er hat einen Blick für die besondere Anmut von Menschen, auch wenn in ihrem Leben so vieles falsch verlaufen ist, erbärmliche Umstände das Leben traurig gemacht haben. Es gibt hässliche und trostlose Szenen in diesem Buch, aber auch eine unbändige Liebe und Freundlichkeit unter den Menschen, in den Blicken oder im Tonfall einer Stimme. Desiati hat die Gabe, Schönheit einzufangen und das Leben eben doch wie ein Fest zu feiern. Auch wider die Umstände.«

Norddeutscher Rundfunk Kultur

 

»In ‚Zementfasern' gibt Mario Desiati den Emigranten und ihren Nachfahren die Würde wieder. Dabei verwebt er das Geschehen mit der landschaftlichen Kargheit, aber auch mit den Sitten und Gepflogenheiten Apuliens, die er immer wieder effektvoll streift. Der dichte Roman hat viele starke Momente voller Poesie.«

Peter Burri, Basler Zeitung

 

»Desiatis ergreifendes Erinnerungsbuch ist reichlich mit literarischer Energie aufgeladen. Da fahren gnadenlose Wirklichkeit und von Mythen geschwängerte Poesie Tandem. Desiati pendelt immer wieder von einer abschüssigen Familiengeschichte in ein fein abgezirkeltes Gesellschaftspanorama. Sorgsam trennt er die Nähte der Lebensoberfläche auf, bis das raue Unterfutter Augenblick für Augenblick sichtbar wird. Er erzählt dabei in einer Sprache, die sich wie eine Spiegeloberfläche anfühlt: kühl, ruhig, exakt – wie Glas, das jederzeit zerspringen kann. Desiatis Roman gibt den im Norden erkrankten, dann zu Hause langsam dahinsiechenden, verstummten Männern ihre Stimme zurück.«

Heinz Neidel, Nürnberger Nachrichten

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