Eine Frau, die trinkt
Aus dem Französischen und mit einem Nachwort von Jan Rhein
Ein taumelndes Frauenporträt. Ein literarisches Fundstück erstmals auf Deutsch. Formal wie inhaltlich mutig und schockierend gegenwärtig. Sein Thema ein bis heute existierendes Tabu: der weibliche Alkoholismus.
Das erste Mal betrunken ist Guita mit acht Jahren. Um ihre Eltern zu »bestrafen«, die ihr kein Schmetterlingsnetz kaufen wollen, trinkt sie Wein aus dem großen Fass im Keller. Dann, sechzehnjährig, betrinkt sie sich auf einer Party mit Champagner. Das versteht ihr Freund Jacques als Freibrief und geht viel zu weit. Sie heiratet ihn, weil es sich so gehört, und trinkt weiter. Absinth, Portwein, Gin, Whisky.
Guita gibt sich den Männern und dem Rausch hin und ertränkt jeden Tag in »dem sinnlichsten aller Nebel, in dem alles in einem einvernehmlichen Nichts zu schwimmen scheint«.
In diesem ebenso hungrigen wie trunkenen Frauenleben verbinden sich Lebenslust und Verzweiflung, Missbrauchserfahrungen und Selbstermächtigung in eindrücklicher, zwiespältiger Weise. Ein poetischer Text mit Herzrasen.
© Babelio
Colette Andris
Colette Andris – Pseudonym von Pauline Toutey – wurde 1901 in Marseille geboren. Sie wuchs in einer Akademikerfamilie auf und studierte Literatur in Paris. Nach einem ›normalen‹ Leben samt Professorinnen-Laufbahn stand ihr jedoch nicht der Sinn: Colette Andris verkörpert die Modernität der ›années folles‹, als Schriftstellerin und auf der Bühne. Sie war die erste Nackttänzerin in der Geschichte der Music Hall, eine avantgardistische Autorin und versuchte sich als Theater- und Filmschauspielerin.
Im Jahr 1929 erschien ihr literarisches Debüt »La Femme qui boit«. Das Buch wurde bei Gallimard in der Reihe ›Les Livres du Jour‹ veröffentlicht und fand viel Beachtung. Allein 1929 erschienen acht Auflagen. Die Leserinnen der Zeitschrift ›Minerva‹ zählten den Roman ››zu den fünf besten Frauenromanen, die in diesem Jahr erschienen sind‹‹. Die Kritik lobte ein ››originelles und ergreifendes Werk‹‹ (›Comœdia‹), eine ››sorgfältige‹‹ und ››schonungslose‹‹ Studie und ein ››sehr gewagtes Buch, aber ohne Suche nach Lastern‹‹ (›La Semaine à Paris‹).
»Colette Andris verschleiert nichts, sondern offenbart im Gegenteil alle mehr oder weniger geheimen Makel, die die Cocktailomanie mit sich bringt.« Paris-Soir