Marseille, Frankreichs ›Tor‹ zum Mittelmeer und in die Welt, wurde von griechischen Seefahrern um 600 vor unserer Zeit gegründet. Sie ist die lässigere Schwester von Paris, war 2013 Kulturhauptstadt Europas und ist bis heute pulsierende Migrationsstadt und kosmopolitischer Sehnsuchtsort. Der Hafen von Marseille, von dem aus die Schiffe nach Korsika, Sardinien und Nordafrika ablegen, bestimmt die Atmosphäre der Second City Frankreichs. Sie ist offen und lebendig, widersprüchlich und widerspenstig, windig und bunt, laut und aromatisch, klingt und riecht nach Fisch, Minze und der großen weiten Welt. Marseille ist ein Ort zum Ankommen und Aufbrechen, Inhalieren und Verstecken.
Diese Sammlung von vielen erstmals übersetzten Texten lädt ein zum Streifzug durch Gassen und Boulevards, über Plätze und Quais und folgt auch den Straßen ins zeitgenössische Südfrankreich. Der Band lässt sogar die ›Mutter‹ von Zidane zu Wort kommen und enthält Beiträge der deutschsprachigen Exilliteratur (Fred Wander, Soma Morgenstern), von bekannten französischen (Jean-Marie Le Clézio, Michel Tournier, Jean-Claude Izzo, Jean Echenoz) und arabischen AutorInnen (Tahar Ben Jelloun, Leïla Sebbar) sowie bislang ungehörte Stimmen der jüngeren Literaten und Musikergeneration wie Mathieu Croizet, Minna Sif und Moussu T e lei jovents.
Daniel Winkler, geboren 1973 in München, ist Professor für französische und italienische Literatur und Kultur an der Universität Heidelberg. Er hat viele Jahre in Marseille, Paris, Innsbruck und Wien gelebt und publiziert u.a. zu literarischen und filmischen Imaginationen mediterraner Metropolen und alpiner Landschaften sowie zum europäischen Theater ab der Aufklärung. Daneben ist er in der Kulturvermittlung tätig und kuratiert u.a. Filmreihen.